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Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn e. V.
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Gemeindeblatt 10/08 Kulturelles Leben, 15. September 2008
Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Festa Major in Vilafranca Eine Stadt im Ausnahmezustand beim Fest der lebenden Türme zu Ehren des Hl. Felix

Vilafranca liegt im Penedès, dem katalanischen Weinbaugebiet, südlich von Barcelona. Katalonien hat wesentliche Sonderrechte innerhalb des spanischen Staates, Katalanisch ist Amts- und Unterrichtssprache. Alljährlich findet in Vilafranca das größte katalanische Fest statt, zu dem stets eine andere große Blaskapelle („banda“) eingeladen wird. Unsere Musikfreunde aus dem baskischen Irún hatten uns empfohlen. Insgesamt standen sechs Konzerte, vier Umzüge und mehrere sonstige Anlässe auf dem Programm.

Die sechs Konzerte an drei Tagen, jeweils um 18 Uhr und um 0.30 Uhr.
48 Stücke und einige Zugaben für sechs einstündige Programme, dazu einen katalanischen Tanz und die katalanische Hymne hatte Konrad Sepp geprobt. Wir staunen: Pünktlich setzt jedesmal der Strom der Besucher ein! Schließlich müssen es wohl über 700 Zuhörer sein – von Konzert zu Konzert werden es immer mehr, 800, 900. Schon nach dem ersten Stück ist der Funke übergesprungen, das beweisen die aufmerksame Konzentration und die stehenden Ovationen.

Der Festzug zur Eröffnung des Festes

Menschenmassen säumen am Freitagvormittag die Straßen und engen Gassen. Überrascht sehen wir ein dichtes Netz über der Hauptstraße, gespickt mit Feuerwerkskörpern. Punkt 11 Uhr explodieren sie mit ohrenbetäubendem Dröhnen, ein Drache (St. Georg ist der Patron von Katalonien!) speit eine glühende Wolke, Böller knallen, ein riesiger gekrönter Adler schwankt voran. Dann setzt sich sehr langsam der Festzug in Bewegung, denn viele, ganz unterschiedliche Gruppen tanzen durch die Stadt! Pausenlos klingen die Glöckchen an den bunten Beinmanschetten, tönen die vielen Schalmeien und dröhnen die Trommeln, die jede Tanzgruppe begleiten. Alle strahlen, federleicht sind die Tanzschritte. Dann kommen drei Castells, die Gruppen der lebenden Türme, wie sie in vielen Orten Kataloniens zum festen Brauchtum gehören. Immer wieder bauen die Castellers ihre Türme, krabbeln kleine Kinder sturzhelmgesichert hinauf zur Spitze. Zuletzt brandet Jubel auf, denn zum ersten Mal beschließt eine bayerische Festkapelle den Zug, jeweils fünf Musiker in elf Reihen – ein eindrucksvoller Anblick. Marsch um Marsch hallt in den schmalen Gassen. Beim Schuhplattler unserer Burschen kennt der Jubel keine Grenzen mehr.

Die drei Prozessionen

19.30 Uhr: Prozession – das stand täglich auf unserem Plan! Keine feierliche Musik – es geht fröhlich zu! Der gesamte Festzug ist wieder dabei, dazu noch kerzentragende Castellers in weiß-rotem Gewand, die die Kreuzigung Jesu darstellen. Hinter ihnen begleiten Fackelträger die Statue des Stadtheiligen Felix, während die Blaskapelle den Prozessionszug abschließt. Über drei Stunden ziehen wir mehr stehend als gehend über wechselnde Strecken durch das dichtgedrängte Spalier jubelnder Menschen. Spielten wir 40 oder 50 Märsche? Tanzten wir zehn- oder zwölfmal unseren Schuhplattler? Zwischendurch muntert ein schmissiges „O When The Saints“ uns und die Zuschauer auf. Unglaublich, dass wir das alles gut gelaunt durchhalten, zumal uns noch ein ganzes Konzert bevorsteht!

Mittwoch, 27. August Vor dem Probenraum schluckt der Sprinter zwei Kisten mit Pauken, Schlagzeug, Glockenspiel, Marimbaphon, Tuben, Posaunen, Euphonien, Tenorhörner, drei Schachteln mit Hüten, Notenständerkisten… 19 Stunden Fahrt liegen vor zwei Musikern!

Donnerstag, 28. August Über 50 Musiker und einige Angehörige starten am Flughafen nach Barcelona! Vor dem Gate der Lufthansa klingt plötzlich eine Klarinette, acht Burschen proben ein letztes Mal ihren Schuhplattler! Von Barcelona bringen uns der Bus und Alberto, der die nächsten drei Tage allgegenwärtig sein wird, nach Vilafranca. Im Hotel begrüßt uns beim späten Mittagessen das Organisationskomitee, dann wird im Schulhof die Bühne bestückt und eine letzte Konzertprobe abgehalten. In den Straßen sind spät nachts viele Menschen unterwegs, Kleinstkinder hüpfen herum, laute Musik allenthalben.

Freitag, 29. August Pünktlich um 10.30 Uhr spielen wir vor der Bank Caixa del Penedès, dem Hauptsponsor, herzlich begrüßt vom Chef des Hauses. Dann heißt es: Aufstellen zum Festzug, lange müssen wir warten, bis auch wir uns in Bewegung setzen und zum ersten Mal die Begeisterung der Menschenmassen erleben. Nach einem späten Essen und einer kurzen Schnaufpause brechen wir zum ersten Abendprogramm auf Konzert – Prozession – Konzert!

Samstag, 30. August – der Haupttag des Festes
9.30 Uhr: der Kirchenzug zur Messe! Auch jetzt sind Drache, Adler, die Tanzgruppen, die Castellers dabei und ziehen vor uns vom Rathaus zur Kathedrale, samt Feuerwerk und Gewehrsalven, spielend, tanzend und Türme bauend. Eine Stunde später geht zurück zum Rathaus, dort spielen wir die katalanische Hymne. Beifall brandet bei den ersten Takten auf, dann steht die Menge schweigend.
Der Wettbewerb der Castellers Vier Castells beginnen ihren stundenlangen Wettkampf. Atemberaubende sieben, acht, ja neun Stockwerke hoch stehen die Castellers übereinander, wie immer gewinnen die aus Villafranca. Das Abendprogramm hält uns ab 17 Uhr wieder in Atem: Konzert – Prozession (noch mehr Menschen!) – Konzert. Wieder wird es 2 Uhr früh, ehe wir durch volle Straßen zum Hotel gehen. Jetzt kennt man uns schon, wir werden freudig mit „Bavier!“-Rufen und Schuhplattler-Gesten gegrüßt.

Sonntag, 31. August Wir haben am Vormittag frei bekommen. Nach der Vorführung von Volkstänzen und dem 18 Uhr-Konzert bringt die Prozession den Hl. Felix heute zur Wohnung des Organisationschefs. Ein prächtiges Feuerwerk kündet das Ende des Festes an. Mit den katalanischen Musikern kehren wir unter gemeinsamen dröhnenden Trommelschlägen zum Hotel zurück.
Dann der Schreck: ein kurzes Gewitter vor dem letzten Konzert! Umzug in das hübsche Theater – alle packen mit an. Die Besucher stürmen das restlos überfüllte Theater, auf der Bühne fließt der Schweiß in Strömen bis zur bejubelten Hymne am Schluß. In der Schule wird noch der Sprinter beladen, um halb vier morgens ist auch das geschafft. Den meisten ist nicht zum Schlafen zumute, wir genießen noch lange die warme Sommernacht…

Montag, 1. September Müde steigen wir in den Bus. Der Lohn für die Strapazen winkt: fünf Stunden am herrlichen Sandstrand in Sitges, einem wunderschönen kleinen Küstenstädtchen. Um 18 Uhr fliegen wir in Barcelona ab. Während wir in München auf die Koffer warten: ein letzter Plattler, mit Gesang ziehen wir durch die Halle zum Ausgang…

Was bleibt? Die Erinnerung an anstrengende, aber begeisternde Tage und Nächte, an die gastfreundlichen, aufgeschlossenen Katalanen und die perfekte Organisation, an 1000 Kilo abgefeuertes pyrotechnisches Material, an den Dauerklang von Schalmeien und Trommeln, an die zahllosen Eindrücke vom reichen katalanischen Brauchtum, an viele Erlebnisse am Rande, an das Zusammensein der Musiker und an den grenzenlosen Jubel für eine bayerische Blaskapelle. „Ihr gehört ab jetzt zum Festa Major!“

 
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