Münchner Merkur, Landkreis-Süd-Beilage, 17. Januar 2012
Höhenkirchen-Siegertsbrunn – “Das muss ein Stück vom Himmel sein”, möchte man mitsummen beim Neujahrskonzert der Blaskapelle Höhenkirchen-Siegersbrunn in der Mehrzweckhalle. Aber weil der Sitznachbar und 300 weitere Zuhörer nicht aufgeschreckt werden sollen im Genuss an klanglichen Leuchtfontänen, silberstrahlenden Orchesterblitzen und beseelten Interpretationsentwürfen, gibt man sich still vergnügt dem Ereignis hin. Übrigens gab es schon ein Nachmittagskonzert, und jetzt am Abend ist allein die Konzentration, dieses nicht nachlassende Dahinfegen von einem musikalischen Highlight zum anderen zu bestaunen.
Kräftig wird auf die Pauke gehauen und dazu getrommelt. Pfeifen hoch die Flöten, schmettert das Blech dazu. Bestes Beispiel hierfür ist das Tschingdarassabumdes “Radetzky Marschs” von Johann Strauss Vater. Lust und Freude versprühen Josef Strauss’ Walzer “Mein Lebenszweck ist Lieb und Lust”. Das “Weiße Rössl am Wolfgangsee” von dem Komponistendreier Ralpf Benatzky, Robert Gilbert und Robert Stolz ist nicht zuletzt dank der muffigen Interpretationen in den 60-er Jahren in der Abstellkammer gelandet. Dabei muss es nur entstaubt werden, und dann ist es Wieder “etwas Wunderbares von dir geliebt zu werden”. Regina Gaigl als Dirigentin ist schlichtweg eine Sensation. Sie gab dem 1930 in Berlin uraufgeführten Singspiel all seinen mondänen Glanz, seine Frechheit, den Witz und den Schmiss zurück, der in der Nachkriegszeit verloren ging. Gaigl studierte in Österreich das Dirigieren Blasorchester, unterrichtet bei der Blaskapelle Klarinette und ist ein willkommener Zugang zum bisherigen Dirigenten-Trio.
Ihr Orchester fällt in einen Musiziertaumel, alles ist frecher, greller, jazziger, als je zuvor gehört. Steirerhüte scheinen durch die Luft zu schweben, und die Zuhörer schwingen diskret ihre Beine imRh ythmus der Musik. Was für eine Entdeckung! Dieses Bläserarrangement einer verloren geglaubten Operette muss sofort ins Repertoire.
Dann betritt die “Grand Dame” der leichten Muse Hie Bühne. Hanna Glawari, die “Lustige Witze” von Franz Lehar hüllt sich in samtene Bläsersüße. Das, ist ein Schmachten und Kosen so wie man es nie gehört hat. Und weil allein schon der Titel heute skurril anmutet, verfällt der erstaunte Zuhörer sofort dem “Marsch der Textilarbeiterinnen”. Militante Gelüste können da nicht aufkommen, sondern das Augenzwinkern überwiegt.
Wie immer bei diesem Ensemble: Jede Nummer wird stilgerecht interpretiert, verfällt nie der Routine, sondern eröffnet den Ohrmuscheln Neuland. Nicht zuletzt geriet diese Veranstaltung somelo disch frisch und wirklich zündend durch den Aufmarsch der Jugendblaskapelle unter Konrad Sepp. Die Musiker der Jugendblaskapelle zauberten den Bummel-Petrus herbei, sorgten dafür, dass er den Rhythmus einhielt und schneiderten ihm ein prächtiges Klangkostüm. Ein später, aber sehr glücklicher Einstieg ins neue Jahr mit viel Programmverheißungen in der kommenden Spielzeit. sta