29. Januar 2019
Cello zu Blasmusik? Ein gewagtes Experiment. Dass aber aus Wagnissen Erlebnisse werden können, bewies am Sonntag die Blaskapelle bei ihrem diesjährigen Neujahrskonzert. Sie hatte die Cello-Virtuosin Maria Well eingeladen, gemeinsam mit einer Blasorchesterauswahl die erste Hälfte mit dem „Konzert für Violoncello und Blasorchester“ von Friedrich Gulda zu bestreiten. Das Werk zog die Zuhörer durch seinen Wechsel zwischen fetzigem Funkrock, almerischen Landlerweisen, deftiger Marschmusik und klassischem Menuett immer mehr in seinen Bann, zumal die Solistin die musikalischen Kapriolen der Komposition hinreißend interpretierte. Insbesondere im dritten Satz, der groß angelegten Cadenza für Cello solo, überzeugte Maria Well mit perfekter Virtuosität und dem einschmeichelnden, wunderbar warmen Gesang ihres Instruments. Die Spielfreude der 12 Bläser, dazu Gitarre, Kontrabass und Schlagzeug unter der Leitung von Bernhard Willer war nicht zu übersehen. Stehende Ovationen! Mit der Sarabande aus der Suite für Violoncello solo 1 von Johann Sebastian Bach als Zugabe zog Maria Well noch einmal alle Register.
Nach der Pause läutete das Große Blasorchester unter Konrad Sepp die zweite Hälfte mit „Große Zeit, neue Zeit“ von Fritz Brase ein. Brase, den seine musikalische Laufbahn vom preußischen Garde-Grenadier-Regiment über die Berliner Philharmoniker bis zum irischen Militärkorps führte, komponierte das schwungvolle Stück als Präsentiermarsch für Fußtruppen, den die Zuhörer allerdings sitzend genießen durften. Vom Suchen und Finden der Liebe, aber auch dem Lotterleben der Götter handelt Jacques Offenbachs Operette „Orpheus in der Unterwelt“, aus der das Orchester die Ouvertüre spielte. Einen „Abend am Meer“ im tiefsten Winter bescherten die Musiker dem Publikum anschließend mit Václav Vačkářs Konzertwalzer. Weiter ging es mit Sonja Weese am Dirigentenpult. Kurzweilig leitete sie zu dem 1939 nach England emigrierten Österreicher Fritz Spiegel über, aus dessen Feder das „BBC Radio 4 UK Theme“ stammt, ein Medley bekannter Melodien aus Großbritannien, mit dem das britische Pendant zu Bayern2 von 1978 bis 2006 sein tägliches Programm einläutete.
Diabolisch temperamentvoll ging es zu beim Paso Doble „Schwarzer Teufel“ von Otto Wagner (1924–1999). Der lateinamerikanische Turniertanz gehört zu den schwungvollsten des Welttanzprogramms. Kein Wunder, symbolisiert doch der Mann den Torero und die Frau, nein, nicht den Stier, sondern das rote Tuch. Mozart, einmal anders, präsentierte das Blasorchester zum Schluss mit „Mozart’s Greatest Hits“, ein Medley hitparadenverdächtiger Vertonungen von Werken des großen Komponisten im modernen Stil.
Jahreszeitengemäß klang das Konzert mit der ersten Zugabe, der „Petersburger Schlittenfahrt“, aus, während die zweite und letzte Zugabe, der Radetzkymarsch, den Zuhörern gehörig einheizte und sie in der klirrenden Kälte des Januarsonntags bis nach Hause wärmte.